Stand-up-Comedy hat in den letzten Jahren besonders in Großstädten ein beachtliches Comeback hingelegt. Doch was ist ihr gesellschaftlicher Mehrwert und inwiefern lassen sich Parallelen zur Start-up-Welt ziehen? Als auftretende Moderatorin für Stand-up-Comedyshows und Mitglied des Marketing-Teams bei TEG möchte ich dieser Frage nachgehen.
Comedy Clubs, Open Mics und Stand-up-Shows - in vielen Großstädten bereits vermehrt etabliert und populär. Orte, an denen ein kultureller Raum nicht nur Platz für Unterhaltung, sondern auch für Anregung bietet, Gemeinschaft stiftet und Austausch ermöglicht.
Konzept von Stand-up-Comedy: einfach. Künstler:innen mit oder ohne Bühnenerfahrung tragen ähnlich wie beim Poetry-Slam selbstverfasste Texte mit humorvollem Unterton innerhalb einer bestimmten Zeit auf der Bühne vor und testen vor überschaubaren Menschenmengen eigenes Material. Inhaltlich bedienen sich diese an Lebensrealitäten. Der Alltag wird adressiert, politische Debatten werden aufgegriffen und Krisen humoristisch kommentiert - Gesellschaft und ihre Dynamik wird durchdrungen.
Wer denkt, er könne sich im Publikum als außenstehender Betrachter entspannen und einfach nur zuhören, irrt sich. Denn Comedy lebt größtenteils von der (minimalen) Überschreitung von Grenzen. Solche, die dem Betrachter kritische Reflexion zulassen. Besonders in einer sich progressiv verändernden Welt mit zunehmenden woken Gesellschaftsanteil könnte dies Inkubator für neue Ideen sein. Denn der Anstoß von Gedankenketten zur Lösung einer im Comedy Club angeschnittenen Thematik, die im Magen nicht richtig saß, kann zum Nachdenken und Handeln führen.
Comedy als Medium zu nutzen, um Menschen zu erleichtern, durch die Kombination von Unterhaltung und das Aufgreifen gesellschaftskritischer Themen über diese zu reflektieren, präsentiert sich doch eigentlich als der Schüssel für die Behandlung der Themen und Probleme unserer Zeit. Durch die Leichtigkeit des Humors und die Ansprache auf emotionaler Ebene werden für einen Moment hochkomplexe Themen simplifiziert, für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht und durch satirische, ironische, sarkastische Kommentierung inhaltlich aufgebrochen, um diskutiert werden zu können.
Die Stand-up-Szene wird zum sicheren und freien Raum, um mal von anderen Perspektiven Themen anzugehen. Comedy hat nicht den Anspruch, dir die Welt erklären oder dich belehren zu wollen, sie dient ihrem Publikum lediglich als Anregung, einen anderen Standpunkt einzunehmen. Sie hilft eine auf einen als kritisch wirkende Aussage zu reflektieren, die eigene Meinungsbildung zu unterstützen und eine eigene Konklusion aus dem gebotenen Input zu ziehen - Comedy führt zu einem Miteinander von Menschen und von Menschen mit ihrer Umwelt.
Mensch und Umwelt und vielleicht dem Wunsch, Veränderung bewirken zu wollen. Die Welt ist ein reicher Ort an Baustellen, die angegangen werden müssen, um das Überleben in Zukunft auch weiterhin garantieren zu können. Über Klimakrisen, Kriege, Wirtschaftskrisen, Pandemien u. v. m. - Kreativität und Innovation sind gefragt und Inspiration kann man überall finden.
Wo sich abschließend nun die Brücke zu Start-ups und ihren Ökosystemen bauen lässt?
In der Sicherheit bezüglich eigener Meinungen, der Reaktion der Umwelt auf das gestellte Angebot und damit zusammenhängend der Offenheit für stetige Verbesserung der ursprünglichen eigenen Ideen.
Ähnlich wie bei Start-ups kann ein Comedian vor dem eigentlichen Auftritt seines Sets nie absehen, ob Lacher fallen, Leute die Punchline begreifen, geschweige denn den gesamten Witz verstehen. Man darf und kann sich nie sicher sein, muss seine Fähigkeiten hinterfragen und mit dem Wandel der Zeit mitgehen. Gesprächsthemen ändern sich und so auch die Witze und Themenkomplexe, die man bearbeitet. Verliert man den Bezug zur tatsächlichen Realität, so kann es am Erfolg scheitern. Es ist die konstante Beobachtung seiner selbst und der Umwelt und die Suche nach den Dingen, die vermeintlich keiner bereits entdeckt hat und doch so offensichtlich sind - wie bei Start-ups und deren Entwicklung von disruptiven Ideen und Projekten.
by Mar Verkerk